“Hallo Google, Alexa, Magenta: Wie verändern Sprachassistenten das Konsumverhalten der Deutschen?”

 

 

Von Julia Görnandt am 18. September 2018

In der Welt der Consumer Electronics dreht sich derzeit alles um sprachgesteuerte Technologien und künstliche Intelligenz. Etablierte Hersteller - und auch neue, disruptive Unternehmen - präsentieren neue Produkte am laufenden Band.

Auf Deutschlands führender Messe für Consumer Electronics IFA stellte Google seinen Premium Smart Speaker - Google Home Max - vor und damit auch die zweisprachige Assistenzsoftware, die nun simultan auf Englisch und Deutsch angesteuert werden kann. Der Telekommunikationsriese Deutsche Telekom hatte Pläne für einen eigenen Smart Speaker angekündigt, der mit den Zauberworten “Hallo Magenta" aktiviert wird. Das Gerät wird der erste Smart Speaker von einem deutschen Hersteller und wird auch mit Amazons digitaler Sprachassistentin “Alexa” ausgestattet sein.

Als wir unser neues Büro im Herzen von Berlin bezogen, habe ich mir als gebürtige Berlinerin ganz bewusst Gedanken darüber gemacht, inwiefern sich das Konsumverhalten durch den Einfluss von Technologie grundlegend verändert hat, seitdem ich hier aufgewachsen bin.

Gibt es in Deutschland einen Hype um Sprachassistenten? Werden deutsche Verbraucher die sprachgesteuerten Technologien annehmen und wenn ja, wie? Und was bedeutet das für Marken und Marketing?

Mein Team und ich haben uns mit diesen Fragen beschäftigt und uns daran gemacht, sie für Deutschland, die USA und das Vereinigte Königreich zu beantworten. Wir untersuchten die Nutzung und Wahrnehmung sprachgesteuerter Technologien aus Verbraucher- und Markensicht.
Ich möchte die folgenden Insights vorstellen, die wir auf dem ESOMAR Congress 2018 in Berlin präsentiert haben.

Bekanntheit und Nutzung digitaler Sprachassistenten in Deutschland

Obwohl sprachgesteuerte Geräte in Deutschland später eingeführt wurden als in Großbritannien und den USA, hat der deutsche Markt rasch aufgeholt. Die Mehrheit (88%) der Deutschen hat von digitalen Sprachassistenten gehört, wie sie in Smartphones, intelligenten Lautsprechern und anderen Geräten vorhanden sind. Jeder zweite deutsche Verbraucher hat bereits einen digitalen Sprachassistenten genutzt.

aktuelle nutzung von sprachtechnologie

Die meisten haben bereits den Sprachassistenten auf ihrem Smartphone verwendet (49% der deutschen Sprachanwender), während nur 22% von ihnen schon mal einen Smart Speaker mit ihrer Stimme gesteuert haben. Aktuell dominiert Google als meistgenutzte Sprachsteuerung für Smartphones (68%), während Amazons Echo im Bereich Smart Speaker vorne liegt (65%).

Wie in den USA und in anderen europäischen Ländern, so tasten sich auch die deutschen Nutzer noch an die Nutzung digitaler Sprachassistenten heran. Wenn man sieht, wie selbstverständlich die Technologien von jungen Leuten und jungen Familien bereits genutzt werden, bleibt allerdings kein Zweifel daran, dass sie sich bald in der breiten Bevölkerung durchsetzen werden. Wir sehen schon jetzt, wie sich kontextuelle Anwendungsgewohnheiten herausbilden: So wird der Smart Speaker zuhause beispielsweise anders genutzt als der digitale Sprachassistent im Auto.

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Sprachassistenten: So verändern sie das Kaufverhalten und den Path to Purchase

In Deutschland verwenden Nutzer digitale Sprachassistenten vor allem für Suchanfragen, zur Navigation, für das Wetter und um sich über Produkte zu informieren. Obwohl deutsche Anwender die Technologie (noch) nicht hauptsächlich für Einkäufe nutzen, ist die Offenheit der Verbraucher dafür groß. 53% der deutschen Sprachanwender haben bereits ein Produkt mittels Sprachsteuerung auf ihrem Smartphone erworben, 61% über ihren Smart Speaker. Damit ist der Anteil der Nutzer, die per Sprachsteuerung einkaufen, sogar proportional größer als in den USA und in Großbritannien.

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Vollständige Infografik mit Highlights aus der Forschung von SKIM zu “Wahrnehmung und Nutzung digitaler Sprachassistenten in den USA und Europa” hier herunterladen

Was motiviert die Deutschen, diesen neuen Vertriebskanal auszuprobieren?

Neben Neugier ist es vor allem die Auffassung, dass die Steuerung per Stimme einfacher und schneller geht. In Übereinstimmung mit dem generellen Kaufverhalten im E-Commerce, gehören zu den beliebtesten per Sprachsteuerung erworbenen Artikeln vor allem Bücher und Unterhaltungselektronik. Waren für den täglichen Bedarf wie Lebensmittel, Produkte für die Körperpflege und Baby- und Tierartikel kaufen die Deutschen weiterhin lieber “offline” und vor Ort.

Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass Nutzer, die zuvor per Sprachsteuerung eingekauft haben, die Technologie in Zukunft häufiger nutzen wollen. Obwohl zwar nach wie vor Hürden, wie die Angst vor falschen Bestellungen oder Datenschutzbedenken, bestehen, sind deutsche Verbraucher größtenteils neugierig, Sprachassistenten zum Einkaufen zu nutzen. 

Unsere Empfehlungen für Marketeers in Deutschland

Wie bereits die Einführung der mobilen Datennutzung in Deutschland, wird auch die Sprachtechnologie eine Reihe neuer Anwendungen einleiten, die es Marken ermöglicht, direkt mit Verbrauchern zu kommunizieren. Da Plattformen mit künstlicher Intelligenz ihre Marktposition immer mehr behaupten, wird es für Marketeers unverzichtbar sein, das Thema Sprachtechnologie in ihre Verkaufs- und Kommunikationsstrategie zu integrieren, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Wir empfehlen unter anderem:

  • Kooperieren Sie mit Einzelhändlern, um sich einen Platz ganz oben in den Suchergebnissen zu sichern. Bietet der Sprachassistent Ihre Marke nicht als erstes oder zweites an, sind Sie aus dem Rennen.
  • Nutzen Sie Insights aus der Marktforschung, um zu ermitteln, welche Skills und Actions Sie für digitale Sprachassistenten entwickeln sollten, um direkt mit Verbrauchern zu kommunizieren
  • Erwägen Sie ein Direct-to-Consumer Businessmodell. Der direkte Verkauf und die direkte Interaktion mit Kunden bringen zwar eine Reihe von Herausforderungen mit sich, stellen aber für Marken, die diesen vierten Vertriebskanal nutzen, einen lohnenden Ansatz dar.

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Julia GornandtGeschrieben von Julia Görnandt

Als Direktor von SKIM Deutschland leitet Julia Görnandt die deutsche Niederlassung des international tätigen Marktforschungsinstituts SKIM in Berlin. Sie arbeitet eng mit führenden Consumer Health- und Konsumgüter-Kunden in der DACH-Region zusammen, um zu verstehen wie Kaufentscheidungen Channel-übergreifend gefällt werden und Marken diese beeinflussen können. Julia ist Diplom-Psychologin und hat vor ihrer Zeit bei SKIM an der Stanford-Universität in Kalifornien geforscht.